Angekommen

Am Freitag Abend landeten mein Mitfreiwilliger Frithjof und Ich doch tatsächlich in Bogotá. Alle Gepäckstücke lagen auf dem Fließband, das Abholen funktionierte perfekt und wir fuhren in unser vorerst zukünftiges Zuhause. Unser Zuhause, eine Wohnung im dritten Stock mit einem kleinen Wohnzimmer, einer Küche und drei Zimmern. Das Haus ist, zusammen mit anderen Häusern umgeben von einem hohen Zaun und der Eingang wird 24 Stunden von einem Sicherheitsservice bewacht. Unsere Mitbewohnerin Carolina ist eine 23 jährige Betreuerin aus dem Projekt.

Auch sonst war der Beginn recht organisiert. Wir bekamen kolumbianische Pesos, um die ersten Tage nicht zur Bank gehen zu müssen und jeweils ein Handy mit allen Nummern, die wir benötigen könnten. Am Abend gab es erst mal Fleisch und das reichlich. Die Familie unserer Mitbewohnerin hat die ersten Tage nämlich auch tagsüber ihre Zeit bei uns verbracht, für uns gekocht, und uns schon einen ersten Einblick in die unendlich scheinende Stadt Bogotá gegeben.
Am Samstag nahm unsere Mitbewohnerin uns mit zu einigen Freunden, mit denen wir anschließend in eine Bar gefahren sind. An Bier und Rum wird hier anscheinend nicht gespart und die ersten Salsa- und Merenguelektionen gab es auch schon. Also eigentlich haben wir den ganzen Abend getanzt. Oder es zumindest versucht 😉
Am Sonntag sind wir zusammen mit dem Projektgründer, auf eine bio-dynamische Finca außerhalb von Bogotá gefahren. Da am Montag dann Feiertag war, hat unser Projekt für uns erst am Dienstag begonnen. Wir nutzen die Gelegenheit uns von Carolinas Familie ein wenig die Stadt zeigen zu lassen. Allerdings war die Stadt wie ausgestorben, weil alle Leute, die die Möglichkeit haben, an einem verlängerten Wochenende die Stadt zu verlassen, im Flachland die Wärme genießen. In Bogotá ist es nämlich eher frisch. Nachts wird es ziemlich kalt. Also so um die 12°C. Tagsüber hatten wir bisher so zwischen 20-22°C. Vom Wetter her ist es meist wolkig, so dass irgendwo in Bogotá immer die Sonne scheint. Aber eigentlich ist es besser, dass sie nicht den ganzen Tag scheint, weil wir auf 2800m im Projekt, so nah am Äquator, trotz 50+Sonnencreme, nach 20 Minuten Sonne rot im Gesicht sind.
Um uns die Stadt von oben anzuschauen liefen wir gemeinsam auf den Monserrate(3000m) . Da Frithjof und Ich an dem Tag beide heiß darauf waren etwas Sport zu machen, haben wir versucht den Weg hoch zu joggen. Allerdings mussten wir nach ein paar Hundert Metern feststellen, dass unsere Lungen dermaßen auf Hochbetrieb waren, dass wir erst mal eine Pause machen mussten. Für den Ausblick über die wirklich unendlich wirkende Stadt hat es sich allerdings gelohnt!
Die ersten Tage war ich immer ziemlich müde. Dadurch dass man sich immer sehr konzentrieren muss, um die Leute verstehen zu können. Alles immer unheimlich laut ist und der Jetlag auch relativ intensiv war. Bisher habe ich auch jede Nacht mit Oropax geschlafen, weil ich sonst das Gefühl habe mitten auf einer Straße zu liegen.

Am Dienstag war dann tatsächlich Dienstbeginn. Wir müssen morgens etwa so um 6Uhr aufstehen und wenn möglich gegen 7 im Projekt sein. Die Hin-und Rückfahrt ist schon ein Abenteuer für sich. Wir laufen zunächst zur nächsten großen Querstraße und halten einen der vielen alten Kleinbusse, die mit Schildern anzeigen wo Sie hinfahren, per Handzeichen an. Am Fuße des Berges, an dem unser Projekt liegt, steigen wir aus. Die Busse haben nämlich keine festen Bushaltestellen, oder Zeitpläne. Man steigt einfach da aus, wo eben raus möchte und man wartet halt so lange bis er kommt. Anschließend steigen wir in der Regel mit so vielen Leuten, die reinpassen, also mit 6 oder 7, in ein nicht als Taxi gekennzeichnetes Auto, dass uns nach oben zum Projekt fährt. Zum Fahrstil lässt sich nur sagen, dass man sich eher wie bei einem 3D-Autorennspiel fühlt. Also so schnell wie geht. Löchern ausweichen, bei Rot einfach hupen, anstatt zu halten und ein mal sind wir einen Weg gefahren, der so Steil war, dass wir Angst hatten, dass das Auto nach hinten überkippt.
Das Projekt liegt, wie auf den Fotos zu erkennen, am Hang mit einem überragenden Blick über die Stadt.
Zum Projekt selbst lässt sich sagen, dass ich mich wirklich sehr glücklich schätze, mein soziales Jahr hier verbringen zu können! Es ist ein Projekt, bei dem man wirklich das Gefühl hat diejenigen zu unterstützen, die Unterstützung benötigen. Das Projekt besteht aus einem Kindergarten mit 68 Kindern, aufgeteilt in zwei Gruppen mit jeweils zwei Betreuerinnen. Und einem Jugendfreizeitprogramm für Jugendliche. Da es in Kolumbien Schüler gibt, die Vormittags Unterricht haben und welche, die Nachmittags Unterricht haben, gibt es ein Vormittags- und Nachmittagsprogramm. Das Programm besteht jeweils aus einem Theater-, Musik-, Kunst-, Handarbeits-, und Nachhilfekurs. Die Räume sind alle im Waldorfstil gehalten und erinnern an meinen eigenen Kindergarten. Das Jugendprogramm, auch PAES genannt, ist für die Jugendlichen freiwillig. Allerdings ist es so, dass es voll ausgelastet ist und täglich mindestens 100 Jugendliche kommen. Meine Tätigkeit wird in den nächsten Wochen darin bestehen, dass ich Montags dabei helfen werde die neuen Lebensmittellieferungen zu verwalten und zum Beispiel alle Früchte schneide, die während der Woche zu Säften verarbeitet werden. Dienstag bis Donnerstag werde ich Vormittags im Handarbeitskurs sein und Nachmittags im Theaterkurs. Nachdem ich schon ein paar Mützen gehäkelt habe, die an die Kinder aus dem Kindergarten zum Geburtstag verschenkt werden, werde ich nächste Woche damit anfangen Stofftiere zu nähen. Freitags wird immer das Essenslager komplett ausgeräumt, alles ein mal desinfiziert und wieder eingeräumt. Hygiene wird hier sehr groß geschrieben! Außerdem dürfen Frithjof und Ich einen Deutschkurs für verschiedene Profes und Schüler aus dem PAES anleiten. Mal gespannt, ob das was wird!
Gestern hat uns ein Junge, der oft im Projekt aushilft und selber Teil des PAES war, noch mal die wirklich schönen Teile der Stadt gezeigt. Der Stadtteil Candelaria ist die Altstadt Bogotás. Die Häuser sind alle noch aus der Kolonialzeit erhalten und wunderschön. Es gibt zahlreiche kleine Läden, mit Klamotten, Schmuck und leckerem Essen. (Fotos folgen) Anschließend sind wir dann ungefähr noch 10km durch die Stadt, zu der Wohnung einer Lehrerin, gelaufen, bei der wir für den Abend eingeladen waren. Leider habe ich mir auch schon die erste Lebensmittelvergiftung geholt und liege deswegen heute und morgen erst mal nur im Bett. Ein Bekannter von Caro wollte mir deswegen schon direkt ein Spritze gegen die Kopfschmerzen geben, was ich aber vorerst noch ein mal abwenden konnte.

Zur Sicherheit lässt sich sagen, dass die Meinungen sehr verschieden sind. Die einen sagen, dass bestimmte Gebiete sehr gefährlich sind, andere sagen diese wären relativ sicher. Das Problem ist, dass wir durch unsere Größe und Aussehen schon sehr stark auffallen. Also sollten wir denke ich etwas vorsichtiger sein. Bisher haben wir allerdings trotzdem immer das Taxi auf der Straße angehalten. Taxifahren ist hier im Vergleich zu Deutschland sehr billig, dafür ist das Leben ansonsten doch ziemlich teuer. Lebensmittel kosten zum Beispiel ein wenig mehr als in Deutschland und dafür wird durchschnittlich wesentlich weniger verdient.

Ich denke das waren erst mal genug Informationen! Bei Fragen, Tipps oder Kritik könnt ihr mir ja einfach ein Kommentar da lassen! 🙂

Liebe Grüße
Euer Luis

P.s. Mir ist es wichtig, dass die Dinge, von denen Ich Berichte, sehr subjektiv sind und von anderen Personen vielleicht ganz anders wahrgenommen werden können. Ich werde versuchen es zu vermeiden Vorurteile zu schaffen, oder zu bekräftigen! 🙂

 

 

 

Los geht’s!

Es geht los!

Ich sitze gerade im Flugzeug von Frankfurt nach Bogotá. Habe also Deutschland bereits hinter mir gelassen und erwarte eine spannende und aufregende Ankunft.

Im letzten Jahr habe ich viel Zeit damit verbracht mir mein Jahr in Kolumbien vorzustellen. Was erwartet mich? Wo werde ich wohnen, arbeiten und wie werde ich mit der Sprache zurecht kommen?
Ich sitze hier und weiß weder wo ich heute Abend schlafen werde, noch in den nächsten Wochen. Mein Mitfreiwilliger Frithjof und Ich werden heute Abend in Bogotá von unserem Projektleiter und unserer kolumbianischen Ansprechpartnerin abgeholt. Naja und dann wird sich zeigen, wo und wie wir in der Metropole Bogotá leben werden.

In den letzten Wochen gab es für mich noch unzählige Dinge zu erledigen. Unglaublich, wie kompliziert ein Visaantrag sein kann. Nachdem ich vor drei Wochen bereits ein mal in Frankfurt war und mich zuvor Stunden lang durch den Onlineantrag geschlagen habe, musste ich feststellen, dass sich einige Regeln bezüglich des Visa geändert haben und bin ohne Visum wieder nach Hause gefahren.
Anschließend ging es dann zum zehntägigen Vorbereitungsseminar. Mein Schwester, die vor drei Jahren auch über die Organisation „Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners“ nach Kolumbien gegangen ist, sagte mir zuvor, dass ihre Zeit auf dem Seminar die beste Zeit ihres Lebens war. Und damit hat sie wirklich nicht übertrieben. Es ist einfach außergewöhnlich von etwa 75 Menschen umgeben zu sein, die zu 90% auch gerade Abitur gemacht haben und ein soziales Jahr in Lateinamerika anstreben. Das Seminar bestand aus etwa Neun Stunden Workshops täglich und besonders wenig schlaf. Das Seminar hat uns Freiwillige kurz vor Abflug noch mal richtig gezielt auf das nächstes Jahr vorbereitet. Es ging zu Teil darum, wie man mit Konflikten umgeht, wie man sich im Gastland verhält oder einfach organisatorische Dinge, wie „was nehme ich mit“. Auf der anderen Seite haben wir uns sehr intensiv mit uns selbst beschäftigt. Wir haben uns noch mal unsere Ängste, Hoffnungen und Erwartungen vor Augen geführt und uns selbst dabei noch mal ein ganzes Stück besser kennen gelernt.

Ja, was für Ängste, Erwartungen und Hoffnungen habe ich.
Ich wurde in der letzten Zeit oft gefragt, ob ich denn gar keine Angst habe. Natürlich habe ich die. Allerdings nicht nur unbedingt die Angst davor, dass mir etwas zustoßen könnte, sondern auch davor im Projekt selbst nicht das zeigen zu können, oder zu dürfen, was ich kann. Die Angst davor in eine schlechte Wohnsituation zu geraten. Also entweder in einer Familie zu wohnen, in der ich nicht glücklich bin, oder die einfach ungünstig wohnt. Oder einfach die Angst nicht so richtig Anschluss zu finden. Der Respekt davor, dass wirklich etwas passieren könnte ist aber auch immer im Hinterkopf vorhanden und wird mir eventuell in den nächsten Wochen noch viel bewusster werden.
Meine Ängste sind eng mit meinen Erwartungen verbunden. Ich erwarte von mir, dass Ich nicht zu schnell Urteile fälle, und dass ich genügsam bin. Ich möchte mich gut in das Projekt integrieren und bin mir bewusst, dass das eine anspruchsvolle Aufgabe wird.
Das Projekt befindet sich, in einem Randbezirk der Stadt, in dem etwa zwei Millionen Menschen unter der Armutsgrenze leben. Dieses Projektumfeld wird unsere Arbeit und unser Jahr maßgeblich prägen.
Auf der anderen Seite habe ich mir fest vorgenommen viel Sport zu treiben und viel zu unternehmen. Ich hoffe, trotz 2600 Metern Höhe, vielleicht einen Turnverein oder ähnliches zu finden, in dem ich in meiner Freizeit etwas Kraft auf- und abbauen kann.

Alles in allem bin ich guter Dinge, dass Ich und mein Begleiter uns nicht so schnell entmutigen lassen werden. Mein Spanisch ist durch die letzten drei Jahre Schulunterricht schon recht passabel und somit habe ich zumindest hier schon mal eine halbe Sorge weniger.

Die letzten Tage waren Zuhause noch mal richtig schön! Am Mittwoch morgen bin Ich mit Frithjof und noch einem Kolumbien-Freiwilligen erneut in das Konsulat nach Frankfurt gefahren und habe tatsächlich mein Visum erhalten. Frithjofs Visum zu erhalten war dagegen noch ziemlich stressig und hat uns den halben Tag gekostet.

Anschließend ist Frithjof zu mir nach Hause gekommen und ich habe noch mal einen schönen Abend mit meinen Freunden verbracht! Danke dafür!

An dieser Stelle richte ich noch mal ein großes Dankeschön an alle Spender und Spenderinnen, die dafür gesorgt haben, dass ich jetzt tatsächlich hier im Flugzeug sitze!

Soeben habe ich alle Briefe, die ich noch von meinen Freunden zu Abschied bekommen habe gelesen und sitze jetzt hier mit einem weinendem und einem lachendem Auge.

Ich werde euch vermissen!

Liebe Grüße
Euer Luis

¡Bienvenido!

Hallo liebe Leser,

Ich bin Luis Lichtenberg, 19 Jahre alt und gehe für 12 Monate für ein soziales Jahr nach Kolumbien.

Ich habe gerade mein Abitur abgeschlossen und habe mich dafür entschieden nicht direkt den Weg zur Universität zu gehen, sondern erst mal für ein Jahr etwas ganz anderes zu machen. Ich nutze die Gelegenheit fernab von meinen Freunden, meiner Familie und gewohntem Umfeld ein neues Leben aufzubauen.

Das Projekt in dem ich arbeiten werde nennt sich Corporación Educativa y Social Waldorf (CES Waldorf) und befindet sich in einem Außenbezirk der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Bei CES Waldorf handelt es sich um ein Kinder- und Jugendsozialprojekt. Es besteht aus einem Kindergarten und eine Einrichtung für Jugendliche. Außerdem beschäftigt es einen Arzt und ist auch im “Streetworking” aktiv.

Ich werde hier in dem nächsten Jahr von meinen Erfahrungen und Eindrücken berichten und hoffe somit vielen von euch etwas näher sein zu können, als es tatsächlich der Fall sein wird. Bei Anregungen, Fragen, Tipps oder Kritik: Schreibt einfach einen Kommentar unter den jeweiligen Eintrag!

Ich melde mich

Luis